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Eine schmucke Fabrikantenvilla für die Jugend

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Bauen & Wohnen

Eine schmucke Fabrikantenvilla für die Jugend

Der Stadtjugendring bezieht derzeit sein neues Domizil am Eingang zur Pliensauvorstadt. Die Villa Gruner, einst Sitz einer Esslinger Fabrikantenfamilie, wurde gekonnt saniert – und hat so manche Schätze hervorgebracht.

Eine schmucke Fabrikantenvilla für die Jugend

Außen glänzt das Gebäude Stuttgarter Straße 2 nun mit seinen roten Fensterläden. Die Außenanlage ist noch im Werden. Fotos: Ines Rudel

Unscheinbar und mit verwildertem Garten rundherum, so hat sich die Villa an der Stuttgarter Straße Nummer 2 jahrelang präsentiert – oder besser gesagt: versteckt. Wer nur mal schnell vorbeiging oder -fuhr, hat das Anwesen kaum wahrgenommen. „Dabei ist es das Tor zur Pliensauvorstadt“, sagt Herbert Klingohr, Geschäftsführer der ibw Gesellschaft für innovatives Bauen und Wohnen, über das Grundstück, das direkt am Übergang von der Pliensaubrücke in die Vorstadt liegt. Die Sanierung des mittlerweile schmucken Hauses war Klingohr und seinen Mitstreitern deshalb wichtig. Die ESPEG, ein gemeinsames Unternehmen der ibw-Schwestergesellschaft nbw Gesellschaft für nachhaltiges Bauen sowie der Esslinger Wohnungsbau EWB, nahm sich der Herausforderung an.Ein langer Weg sei es von der Grundsatzentscheidung bis zur Realisierung gewesen, ergänzt Jens Klingohr, Geschäftsführer der ibw. Zunächst war das Gebäude als Standort für ein Wohn- und Ärztehaus im Gespräch. Als „kluge Entscheidung der Stadt“ bezeichnen es die beiden Geschäftsführer, das Haus einer öffentlichen Nutzung zuzuführen. Inzwischen hat die Esslinger Wohnungsbau das Gebäude zurückgekauft und an den Stadtjugendring für 20 Jahre mit einer Option auf weitere zehn Jahre vermietet, erklärt EWB-Prokurist Harald Scherer. Vom Ergebnis der Sanierung ist er überzeugt: „Wie aus dem Bilderbuch“, sei das alte Haus geworden, das er als idealen Platz für den Stadtjugendring bezeichnet.

Nach einem Jahr der Planung erfolgte Anfang 2021 der Baubeginn. Mit einem Jahr Bauzeit konnte der Zeitrahmen ebenso eingehalten werden wie der Kostenrahmen. Die Sanierung belaufe sich auf ungefähr eine Million Euro, sagen die ibw-Chefs. Eine Investition, die sie zum Schwärmen bringt: „Die Architekten Thiele-Höfler und Höfler haben hier ein Juwel zum Leuchten gebracht.“ In der Tat wurde so viel historische Substanz wie möglich erhalten. Regelrechte Bausünden habe man in den Räumen vorgefunden: Holzböden waren mit Teppich verklebt, Glastüren mit Sperrholz vernagelt, Porzellanfliesen mit Farbe übertüncht und Wandbemalungen mit Putz überstrichen. „Das Haus war in einem schlimmen Zustand“, resümiert die Architektin Barbara Thiele-Höfler.

Aber: Die Umbauten haben die darunterliegenden historischen Schätze auch geschützt. In den meisten Räumen gibt es nun wieder Original-Holzböden, die den Räumen Gemütlichkeit verleihen. Im Treppenhaus wurde eine Wandbemalung freigelegt und in den Sanitärräumen konnten teilweise die ursprünglichen Fliesen erhalten bleiben. Wo das nicht möglich war, wurde stilsicher auf neue Fliesen in alter Optik zurückgegriffen. In den Räumen im Erdgeschoss, das über einen Treppenlift an der Außentreppe barrierefrei erreichbar ist, hat der Stadtjugendring 140 Quadratmeter zur Verfügung. Dort hat das Jugendbüro nun seinen festen Platz. Eigenleistungen des Stadtjugendrings waren Teil des Projekts. „Damit sich die jungen Menschen mit dem neuen Domizil identifizieren können, waren sie in die Gestaltung der Räume eingebunden“, erläutert Jens Klingohr. So haben sie den Zimmern einen Anstrich verliehen. In Weiß und sattem Türkisgrün leuchten dort die Wände. Im Erdgeschoss ist auch die Küche untergebracht, in der künftig während der Ferienfreizeit Karamempel gekocht werden soll.

Stuck hinter Holzdecken versteckt

Etwas abgetrennt von diesem öffentlichen Bereich ist das Treppenhaus, wo das gedrechselte Geländer sowie die Wandbemalungen an herrschaftliche Zeiten erinnern. Im ersten Stock befinden sich die Büros des Stadtjugendrings. Viel Stauraum gibt es in alten Einbauschränken im Flur, deren Rückseite mit Textilbespannung ins nächste Zimmer ragt. Dort wurden die Wände so belassen, wie sie einmal waren: ohne Tapete, ohne Putz, ohne Farbe.

In den meisten Zimmern findet sich Stuck an der Decke – auch er war Jahrzehnte versteckt hinter Holzdecken. Überhaupt zeigen alte Bilder düstere Räume mit viel dunklem Holz, jetzt sind sie lichtdurchflutet mit weißen Türen, Fenstern und Vertäfelungen.

Im Dachgeschoss der alten Villa soll künftig eine Wohngemeinschaft leben. In fünf Zimmern finden Freiwillige und Ehrenamtliche des Stadtjugendrings ein kostengünstiges Zuhause. Ein großzügiger Flur lädt neben der Küche als Treffpunkt ein, im kleinen Bad ist gute Organisation vorausgesetzt. Manche Zimmer unter der Schräge haben Dachfenster erhalten – „denkmalgetreu“, wie Herbert Klingohr betont. Deckenbalken wurden freigelegt und als absolutes Highlight in der künftigen WG dürfte der Kachelofen gelten, der früher einmal zwei Räume gleichzeitig beheizte. Gleich neben der WG hat der Stadtjugendring ein Notfallzimmer zur Verfügung, in dem kurzfristig Jugendliche untergebracht werden können, die in einer Notsituation sind. Stephanie Danner

→ Am 11. April wird das Gebäude Stuttgarter Straße 2 offiziell von Oberbürgermeister Matthias Klopfer an den Stadtjugendring übergeben.

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